Giordano Bruno

1548 – 1600           Italien

 

 

In Übersetzungen von

Moritz Carriere

 

 

 

Mein einsam Wandeln nach den Himmelsthoren,

Dahin sich die Gedanken Dir erheben,

Führt zum Unendlichen, es hat das Leben

Des Wissens Kunst zu gleicher Höh’ erkoren.

 

Ermanne Dich! So wirst Du neugeboren,

Und Deiner Seele freud’ge Schwingen streben

Ans Ziel, zu dem das Schicksal Dir gegeben

Die Kraft des Flugs, zu dem ich Dich beschworen.

 

Ich will, Du sollst ein sel’ges Land erkennen!

Dorthin Dich zu geleiten, ist erlesen

Ein Führer, den blind nur die Blinden nennen!

 

Der Himmel schirme Dich und gnädig sei’n

Dir uns’rer Gottheit alllebend’ge Wesen!

Doch blicke nicht auf mich, bist Du nicht mein!

 

 

 

 

Dem engen dunklen Kerker nun entronnen,

Wo lange mich der Irrtum hielt gebunden,

Laß ich die Kette jetzt, die mich umwunden,

Da ich die süße Freiheit mir gewonnen.

 

Nun atm’ ich in des neuen Lebens Aera;

Denn, der den Python schlug mit edlem Mute,

Und der das Meer gefärbt mit dessen Blute,

Der hat auch mir verscheuchet die Megära.

 

Dir weih’ ich all mein Herz, erhabnes Wesen!

Die kranke Seele lässest Du genesen,

Dir will ich lauschen, meine holde Stimme!

 

Du rufest, daß dem Abgrund ich entklimme!

Dir dank’ ich, göttlich Licht, du meine Sonne!

Die du mich führest in das Haus der Wonne!